In einer alten Geschichte wird von einem Rabbi erzählt, der viele Anhänger hatte. Als sie gefragt wurden, was er denn besonderes lehrte,  antworteten sie: „Das wissen wir nicht“. 

Denn immer dann, wenn  in der Synagoge aus der Tora vorgelesen wurde, erfasste den Rabbi so eine Freude, dass er aufstand und immer wieder rief: „Gott spricht spricht, Gott spricht,…“.

Man musste ihn dann aus dem Raum hinausführen, wo er sich schließlich beruhigte.

„Gott spricht“, das war für den spirituellen Meister so ergreifend, dass er nicht mehr an sich halten konnte. In den Heiligen Schriften der verschiedenen Religionen spricht Gott. Bei den Christen ist das die Bibel. Christen lesen die Bibel als Wort Gottes. Es ist ihr heiliges Buch.
Doch wenn man in der Bibel liest, stellt man schnell fest, dass das alles Worte von Menschen sind. Menschenworte und Gottes Worte.  Wie geht das zusammen? 
 

Wenn Gott spricht, können wir ihn nur hören mit unseren Ohren und mit unseren Sinnen. Und wenn Gott sich uns mitteilen will, kann er das nur, indem er so spricht, dass wir ihn - entsprechend unseren Möglichkeiten - wahrnehmen können. In der Bibel werden solche Wahrnehmungen erzählt. Menschen drücken darin ihre Erfahrungen mit Gott in allerlei Texten aus: In Geschichten, Gebeten, Liedern, Gedichten, Gleichnissen,… Die Bibel ist also nicht in erster Linie ein Geschichtsbuch und schon gar kein Physikbuch. Man darf sie also nicht so lesen, wie wenn es die Geschichte der Welt und des Menschen im heutigen naturwissenschaftlichen Sinne erzählen würde. Man muss vielmehr versuchen dort die Erfahrungen des Menschen mit Gott und seiner Welt zu entdecken. In diesem Sinne muss man die Bibel ernst, aber nicht wörtlich verstehen, denn Gott spricht darin. Und er spricht so, dass wir ihn verstehen können.

Gott sei Dank spricht Gott nicht nur in der Bibel, nicht nur in der Vergangenheit, sondern er spricht auch in der Gegenwart, im Heute. Gott ist keiner, der nur früher gesprochen hat und sich jetzt zurückgezogen hat und schweigt.

„Gott spricht heute mindestens genauso wie früher und es sind nicht allein Worte die sprechen, sondern vielmehr sind es die Taten, das Leben selbst das spricht.