Leider nehmen die Mitgliederzahlen der Vereine, der Parteien und Kirchen ab. Gleichermaßen ist das ehrenamtliche Engagement in solchen Gruppierungen unverbindlicher und zeitlich begrenzter geworden. Für alle, denen die Zukunft unserer Gesellschaft am Herzen liegt, stellt sich die Frage: Wie kann die Identifikation und die Mitarbeit in gemeinnützigen Institutionen, in Kirchen und Bewegungen geweckt und gestärkt werden? Wie kann es gelingen, Menschen für eine gute Sache zu gewinnen? Wie kann der soziale Zusammenhalt unserer Gesellschaft gestärkt werden? Vom „Gesandten" Andreas können wir, denke ich, einiges lernen. Er wurde vom Meister selbst zu einem „Menschenfischer" gemacht. Durch sein Engagement wurde aus einer kleinen Gemeinschaft eine große starke Bewegung. Mehr und mehr fanden Zugang und engagierten sich für diesen „neuen Weg", wie man die Christen anfänglich nannte.
Drei Merkmale fallen auf, wenn wir auf den, am frühesten berufenen Apostel schauen:
1. Andreas war ein Suchender. Er war auf der Suche, als er Johannes dem Täufer folgte. Er war auf der Suche, als er die Taufe Jesu am Jordan erlebte und hörte was Johannes und der „Himmel" über Jesus sagte. Er war auf der Suche, als er Jesus folgte. Er war beeindruckt, als er sah, „wo" und wie Jesus lebte. Nach einem Tag bei ihm war ihm klar und das sagte er auch seinem Bruder: „Wir haben den`Messias gefunden". Er hatte gefunden, wonach er immer schon suchte, die „kostbare Perle" den „Schatz im Acker". Andreas fand tiefste Erfüllung. Er fand völliges Glück. Er fand das volle Leben, die Fülle des Lebens.
Will ich andere überzeugen, ist die erste Voraussetzung, selbst total erfüllt zu sein. Selbst erfahren zu haben, was wirklich glücklich macht. Das Leben selbst geschaut zu haben. Und nur, wenn ich gefunden habe, was mir fehlte, kann ich mich auf den andern einlassen, kann mich um sein Wohl und sein Glück kümmern. Die Suche nach gesellschaftlicher Anerkennung und nach materiellem Erfolg verliert an Gewicht.
2. Nach dieser Szene heißt es im Johannesevangelium 1,42 weiter: „Andreas führte seinen Bruder Simon zu Jesus." Nachdem er seinem Bruder von seiner „Entdeckung" erzählte, führte er ihn zum Messias, damit auch er ihn „sehe" und erkenne. Andreas führte nicht zu sich, machte nicht für sich Reklame, sondern für denjenigen, der ihn selbst erfüllt hatte und der alle erfüllen will. Andreas ging es nicht um sich, sondern um seinen Bruder. Andreas nahm sich zurück und führte ihn zur Quelle des Lebens. So konnte Simon mit Christus eigene Erfahrungen machen.
Wollen wir andere überzeugen, muss es uns um Christus gehen. Er ist das Ziel und die Quelle des Glücks. In ihm finden wir, was wir immer schon gesucht haben. Unseren „Bruder" zu ihm führen, ist das Ziel, damit er ihn anschaut, damit er von ihm angeschaut wird. Wir müssen von unseren Erfahrungen erzählen, sagen wie wir ihn erfahren haben. Dadurch führen wir den Andern zu Christus, „dorthin", wo wir ihn erlebt haben. So kann der Andere dann seine eigenen Erfahrungen machen.
3. Andreas war von Beruf Fischer, wie viele seiner Freunde. Als Fischer wusste er, worauf es beim Fischen ankommt. Man muss wissen, wo die Fische zu finden sind. Man muss zu den Fischen hin. Und man muss zur rechten Zeit dort sein. Auch wenn es keine gemütliche Zeit ist, nachts und so. Schließlich muss man ein fest geknüpftes Netz auswerfen. Ein Netz nicht zu grob-, und nicht zu feinmaschig.
Jesus machte aus dem Fischer Andreas einen „Menschenfischer" so heißt es bei Matthäus. Auch hier gilt: Man muss wissen, wo die Menschen sind, man muss zu ihnen gehen - Adreas ging nach Griechenland- und man kann nur wirklich zu ihnen gehen, wenn man sie versteht. Andreas musste wohl sehr gut die Sprache der Menschen (z.B. griechisch) gelernt, verstanden und gesprochen haben. Wollen wir andere überzeugen, müssen wir wissen und fühlen was der andere sucht, wonach er verlangt.
Wollen wir Menschen „fischen", müssen wir zu ihnen hingehen, müssen lernen sie zu verstehen und müssen ihre Sprache sprechen. Wollen wir Menschen überzeugen, müssen wir unsere Netze auswerfen, mit nicht zu großen, aber auch nicht zu kleinen Löchern. Denn Menschen wollen nicht mit zu engmaschiger, in bedrängender Weise „gefangen" werden. Sie wollen frei entscheiden können, ohne Druck und Zwang. Wenn sie sich selbst entschieden haben, ist es ihr „Ding". Das „Eigene" ist immer das Wertvollste. Andererseits suchen Menschen Gemeinschaft. Sie wollen zu einer sinnvollen „zukunftsfähigen Gruppe" dazugehören. Man will nicht herausfallen, nicht links liegen gelassen werden. Das „Netz" muss so engmaschig sein, dass man nicht durch die Maschen fällt.
Übrigens sind heute viele Menschen in den sozialen Netzwerken unterwegs.