Natürlich diskutieren wir jedes Jahr über Sinn und Unsinn von einzelnen Gedenk- oder Feiertagen. Der Muttertag, gibt Anlass zur Diskussion.
Vor allem dann, wenn damit der Kauf von Geschenken verbunden ist. Durchschnittlich gibt jeder Deutsche 25 Euro für Muttertags Geschenke aus. Dabei wächst beispielsweise der Umsatz für Schnittblumen in der Woche vor dem Muttertag auf 130 Millionen Euro.
In Amerika, wo der Muttertag vor über 100 Jahren entstanden ist, wird für jede beschenkte Mutter durchschnittlich 140 US Dollar ausgegeben.
Ist dieser Geschenkboom Ausdruck von Dankbarkeit und Zuneigung? Und warum entstand diese Bewegung erst in jüngster Zeit? Ist das nur ein Ausdruck von Kommerz oder ein Relikt der Frauenbewegung oder gibt es darüber hinaus auch noch tiefere Gründe? Ich meine „Ja“!
Welche tiefer liegende Spuren lassen sich finden?
Da gibt es die Erfahrung von Orientierungslosigkeit und Ungebundenheit, entstanden durch den Verlust von Tradition und dem Wegbrechen von festen Rollen.
Was unser Leben heute prägt ist Freiheit und damit die Aufgabe selbst wählen und selbst bestimmen zu müssen. Das gilt vor allem für das Selbst: Sich selbst bestimmen müssen. Das ist eine große Aufgabe, die es zu meistern gilt.
Umso wichtiger wird da die Mutter, die es einem ermöglicht selbstbestimmt durchs Leben zu gehen, durch die Qualität der Bindung, die ganz am Anfang menschlichen Lebens entsteht. In einem feinen Wechselspiel zwischen Mutter und Kind entstehen im Kind Grunderfahrungen und Grundmuster von Vertrauen und Verlässlichkeit, auf die spätere Erfahrungen aufbauen und Erlebnisse interpretiert werden.
Manche Forscher gehen sogar davon aus, dass schon während der Schwangerschaft das Kind (Fötus) auf die Stimmungen und Gefühle der Mutter reagiert.
Insbesondere aber ist eine stabile, zuverlässige Fürsorge und Bindung an das Kind, welche das Bindungsbedürfnis des Kleinkindes befriedigt, von fundamentaler Bedeutung für die weitere seelische Entwicklung des Kindes.
Am Muttertag könnte so die Anerkennung im Mittelpunkt stehen, die Anerkennung der Mutter für das Legen der ersten Bausteine des eigenen Selbst, die Selbstbestimmung und die Verortung in der Unübersichtlichkeit der Welt, denn diese geschieht in der Regel durch die eigene Mutter.
Nicht von ungefähr steht im vierten Gebot: „Du sollst Vater und Mutter ehren“.
Geschenke sind da ein guter Ausdruck für die Dankbarkeit, sowie Zeichen der Aufmerksamkeit und Verbundenheit.
Blumen stehen symbolisch für das Leben und sind daher ein besonders passendes Geschenk für die Mutter, die einem das Leben schenkte. Sie sind aktualisierte Zugehörigkeit und unsichtbare Bindung. Heimat in heimatloser Zeit.
Und vielleicht erinnern wir uns mal wieder an die eigene Kindheit: Lassen die Sehnsucht nach Heimat aus ihr herausscheinen – uns entgegen: Die Zeit, in der es noch keine Zeit gab. Als wir noch Eins waren, uns Selber unverstellt und ohne Taktik. Authentisch.
Muttertag - Zeit zurückzuschauen in eine Welt voller Möglichkeiten, voller Abenteuer und voller Träume.
Und wenn uns Dankbarkeit nicht gelingt, so doch Versöhnung.