Eltern fragen sich meist, wie sie ihre Kinder fördern können, wie sie ihnen helfen können, gut voranzukommen. Eltern bieten ihre Unterstützung an, wenn ihre Kinder schulische Aufgaben übernehmen müssen. Fragen nach, was für Hausaufgaben sie auf haben, kümmern sich darum, dass sie gut erledigt werden. Nehmen sich Zeit für deren Erledigung. Manchmal setzen sie sich neben sie hin, damit die Hausaufgaben zügig erledigt werden.
Ich frage mich, wie sehr sollen sich Eltern in diesen Prozess einbringen? Wie viel sollen sie den Kindern abnehmen? Wie sehr sollen sie die Kinder eigene negative Erfahrungen machen lassen?
Wie sollen wir unsere Kinder motivieren sich anzustrengen. Wie können wir unsere Kinder dazu bringen, selbst Verantwortung für ihre Aufgaben zu übernehmen?
Manchmal sind wir frustriert und entmutigt, über unsere Erziehungsergebnisse, manchmal stolz. Was denken wir woran das liegt? Was vermitteln wir unsern Kindern eigentlich, durch unser erzieherisches Engagement? Was sagen wir ihnen, wenn sie erfolgreich sind? Und was, wenn sie versagen?
Carol Dweck unterscheidet zwei solcher Denkweisen, die wir unsern Kindern vermitteln. Denkweisen die zunächst, meist unhinterfragt, in uns vorhanden sind.
Die eine Überzeugung geht davon aus, dass man Fähigkeiten: Intelligenz, Begabung, Charakter, usw. als feste Größe mitbekommen hat. Dass sie quasi durch unsere Gene festgelegt sind. Und manche Praxis wie Intelligenztests scheinen diese Überzeugung auch zu befeuern. Entweder man hat´s oder man hat´s nicht. Dweck nennt eine solche Überzeugung eine statische Denkweise „fixed mindset".
Die zweite Denkweise beschreibt Carol Dweck als dynamisch, veränderbar, variabel,… Fähigkeiten wachsen mit der Anstrengung, mit der Übung, mit der Lust am Tun. Unser Gehirn ist wie ein Muskel der sich durch Training entwickeln lässt. Wie unsere Muskeln durch ständigen Gebrauch, ständiges Tun gestärkt werden, so wird auch unser Gehirn durch Üben und Lernen gestärkt: wir werden intelligenter. Intelligenz kann wachsen. Carol Dweck hat dafür den schönen Begriff des „growth mindset" geprägt.
Was bewirkt solches Denken?
Fixed Mindset |
Growth Mindset |
Wenn Aufgaben zu erledigen sind, muss man sie sogleich bewältigen können. Nach ein paar Versuchen z.B. ein mathematisches Problem zu lösen, zeigt sich, wie mathematisch begabt man ist. Und man sieht, selber und die andern, wie klug man ist. So ergibt sich, dass man unter allen Umständen gut aussehen will. So wählt man gerne Aufgaben, die man schnell und gut lösen kann. Da sieht man dann, dass man klug und begabt ist. Andererseits vermeidet man Aufgaben an denen man scheitert, denn da zeigt sich, dass man nicht intelligent, nicht begabt ist. Kurz: Am Erfolg liest man die Begabung ab.
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Aufgaben müssen nicht sofort bewältigt werden können. Vielmehr sieht man daran, dass man sich noch nicht genügend angestrengt hat, dass man noch dazulernen muss. Man denkt, dass man durch üben und probieren dazulernt, dass man sich entwickelt, dass die Intelligenz gestärkt wird. Es kommt nicht in erster Linie darauf an, ob man schnell erfolgreich ist, sondern darauf, dass man in die richtige Richtung geht. Wie bei einem Baum kommt es aufs wachsen an. Damit Fähigkeiten wachsen zählt: sich damit beschäftigen, üben, sich anstrengen.
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Eine weitere Auswirkung der Überzeugung, dass Begabung und Intelligenz fest und unveränderbar ist zeigt sich darin, dass man nicht viel arbeitet, um anstehende Aufgaben zu lösen, denn wenn man begabt ist, braucht man sich nicht allzu sehr anstrengen. Mühe, Anstrengung ist in diesem Denken Ausdruck von geringer Begabung. Und wenn man es nicht kann, dann nützt auch Anstrengung nichts, dann ist man eben nicht begabt. Das führt dazu, dass man sich nicht über die Maßen bemüht, dass man nicht dauerhaft und beständig übt.
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Hier ist Anstrengung, Leidenschaft und Hingabe an eine Aufgabe, Konsequenz und Ausdruck des Glaubens an die Entwicklungsfähigkeit des Denkens. Geübt wird, denn es gibt keinen anderen Weg um voranzukommen. Es liegt nicht an einer höheren Macht, sondern an meiner Mühe. Ich selbst bin verantwortlich, ob ich mich entwickle. Der Schlüssel für Wachstum liegt in meiner Hand. |
Schließlich ist eine weitere Folge eines fixierten Intelligenzbegriffs, dass man bei Rückschlägen und Niederlagen alles versucht, den Misserfolg zu verdecken und von ihm wegzulaufen. Als ich Schüler danach fragte, was sie nach einer Reihe von Misserfolgen geneigt wären zu tun, sagten manche: dass sie sich zurückziehen und sich ablenken: „Ich würde ins Bett gehen und schlafen“. „Ich würde Musik hören". … Das führt natürlich dazu, dass man dort, wo man Misserfolg erlebt, weniger macht. „Schlechte Leser lesen weniger“ Schlechte Rechner beginnen Mathe zu meiden. Damit wird eine Abwärtsspirale in Gang gesetzt. Manchmal versucht man Misserfolg zu vermeiden, indem man trickst und abschreibt.
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Rückschläge, Enttäuschungen führen bei Schülern, die von formbarer, entwickelbarer Fähigkeit ausgehen nicht zur Entmutigung, denn dadurch wird man ja nicht mit seinen Fähigkeiten negativ bewertet. Vielmehr heißt es, dass man zu wenig getan hat, dass die Lernbedingungen nicht gut waren,… Aber am besten: man lernt von seinen Fehlern. Man schaut genau nach, wo man eine falsche Vorstellung hatte, wo Defizite vorhanden waren und arbeitet an ihnen. |
Was können wir tun?
Um seinen Kindern wirkungsvoll zu helfen, fragen wir uns als Eltern: Wie sehr haben wir selbst einen solchen feststehenden, fixierten Begabungsbegriff? Wie sehr vermitteln wir ihn indirekt an unsere Kinder?
Loben
Wie können wir einen dynamischen Intelligenzbegriff fördern? Für mich ist das überraschendste Ergebnis aus Dwecks Forschungen, dass es gar nicht gut ist, die Intelligenz oder die Begabungen der Kinder zu loben. Besser ist es, die Anstrengungen, die Strategien und den Fleiß zu loben. Damit hängt zusammen, nicht das Ergebnis zu loben, sondern den Prozess, den relativen Fortschritt, die Lernstrategien, die Begeisterung zu lernen.
Fehler und Misserfolge, als Chancen verstehen
Auch wenn es einem selbst schwer fällt, ist es gut dem Kind nicht alles abzunehmen, ihm zuzutrauen, dass es einen Misserfolg eine Enttäuschung meistert. Man kann ihm signalisieren, dass Scheitern nicht nur furchtbar ist, sondern dass man daran wachsen kann. Das geht so weit dass man von Fehlern lernen kann, man bekommt Rückmeldung wo falsche Vorstellungen vorhanden sind.
Auch das hängt davon ab, wie man selbst mit Niederlagen und mit Erfolg umgeht.
Eigeninitiative des Kindes zulassen
Nicht ständig einmischen und steuern, sondern dem Kind Eigeninitiative lassen. So wie das Kleinkind von allein, von innen heraus lernen will (gehen, sprechen,…) bleibt es auch wenn wir Raum dafür geben. Das setzt natürlich Vertrauen, in die Selbstentfaltungskräfte des Kindes voraus. Und es erfordert, dass wir nicht nur unsere eigenen Wünsche im Kind verwirklicht sehen wollen, sondern „selbstlos fremder Eigenart dienen“ können.
Umgang mit Herausforderungen
Unserem Kind auch etwas zumuten. Ihm zutrauen, dass es Schwierigkeiten meistern kann, dass es Herausforderungen annimmt, dass es Kritik erträgt, dass es Hindernissen nicht ausweicht. All das geht nur, wenn all das, als Chance zum Lernen verstanden wird (growth mindset) und nicht als Urteil und die eigene Intelligenz über die eigene Begabung. (fixed mindset)