In einem berühmten Experiment wurden Amerikaner und Japaner Bilder von einem Aquarium gezeigt. Sie sollten beschreiben, was sie sehen. Dabei fiel auf, dass Amerikaner regelmäßig den größten und auffälligsten Fisch beschrieben. Hingegen sahen die Asiaten viel stärker das Umfeld des Fisches. Sie berichteten von Pflanzen, Steinen, Wasserblasen und der „Landschaft“ in der sich die Fische aufhielten. Wir schauen mehr auf den individuellen Akteur und übersehen oft den Kontext bzw. die anderen Dinge die auch dazugehören.
Eine andere Brille, die wir, meist ohne es zu bemerken, aufhaben, ist die „Ich bin anders – Brille“. Wir im Westen sind geneigt, nicht nur stärker den Einzelnen zu sehen, sondern auch die Unterschiede zwischen uns Menschen. Wir schauen mehr auf das, was uns voneinander abgrenzt, als auf das, was uns verbindet. Wir richten unseren Blick gewöhnlich weniger auf das Gemeinsame, als auf das Unterschiedliche. Damit hängt zusammen, dass wir mehr „ich“ sagen, als „wir“, dass wir uns vereinzeln.
Ein Blickwechsel hin auf das Gemeinsame kann deutlich machen, wie sehr wir doch zusammen- und dazugehören. Wie gut wir uns deshalb eigentlich auch verstehen könnten. Überall auf der Welt suchen Menschen nach Zugehörigkeit, nach Anerkennung, nach Respekt. Überall auf der Welt drücken wir Gefühle mit derselben Mimik aus: Freude, Wut, Traurigkeit,... Wenn wir unsere Unterschiedsbrille ablegen und die Brille aufsetzen, die unsere Gemeinsamkeiten sehen, entsteht Gemeinschaft, entstehen Beziehungen und es entstehen Begegnungen.
Eine dritte westliche kulturelle Brille, befasst sich mit unserer Sicht von Konflikten. Zeigt man ein Streitgespräch zwischen Mutter und Tochter Menschen aus unserem Kulturkreis und Menschen aus Asien, stellt man fest, dass wir sehr schnell Partei ergreifen und festlegen wer Recht und wer Unrecht hat. Menschen aus Asien dagegen stellen das Positive der beiden Standpunkte heraus. Sie schauen auf das Anliegen der jeweiligen Streitpartner. Vorteil ist: Es geht nicht in erster Linie ums Recht haben, ums gewinnen, sondern darum, das Gute und Richtige von beiden Seiten zu sehen und damit eine Grundlage zu schaffen für einen Kompromiss oder für eine Versöhnung.
Ein Blickwechsel kann auch hier einen wichtigen Schritt leisten zu einer friedlicheren Welt. Einer Welt bei der es keine Verlierer gibt und auch keine Sieger. Vielmehr kann jeder mit seinem Anliegen ernstgenommen werden.