Papst Franziskus warnte vor zunehmender Polarisierung unserer Gesellschaft. Spaltung und Auseinanderbrechen sind der Geschichte der Kirche und der Gesellschaft nicht völlig fremd. Diese Gefahr ist offensichtlich heute wieder besonders aktuell. Einer der ersten Gesandten, Simon, von Christus zum „Fels". ernannt, war in einer Situation, wo heftig um den richtigen Weg der Kirche gerungen wurde. Er auf der einen Seite und Paulus auf der anderen. Es sollte darum gehen, wer unter welchen Bedingungen, Zugang zum Christsein bekommen sollte. Was sollte Voraussetzung sein, um Christ werden zu können. An welche jüdische Regel musste man sich halten? An dieser Frage sollte sich entscheiden, ob auch Menschen, die nicht dem Judentum angehörten, Christ werden konnten.

 Petrus und sein 266 er Nachfolger, Franziskus hatten und haben die besondere Aufgabe zu integrieren. Petrus schaffte es vor fast 2000 Jahren, eine mögliche Spaltung oder zu „hohe" unnötige Anforderungen als Eingangsvoraussetzungen zum Christentum zu überwinden.

Und vielleicht mit der Anstrengung aller, möge es uns auch heute gelingen, drohendes Auseinanderdriften aufzuhalten und den sozialen Zusammenhalt zu fördern. Das soziale Kapital zu erhöhen, den extremen Individualismus einzudämmen und Polarisierungen abzuschwächen. Beides, extremer Individualismus und Polarisierung widersprechen unserer Vorstellung vom Mensch sein. Mensch sein heißt: Mit und für andere leben.

Robert Putnam untersuchte vor anderthalb Jahrzehnten den sozialen Zusammenhalt (das soziale Kapital) der (amerikanischen) Gesellschaft. Es zeigte sich, was wir inzwischen allerorten wahrnehmen, dass der soziale Zusammenhalt geringer wurde. Vereine und Kirchen verlieren Mitglieder. Man macht zum Beispiel weniger Sport in Gruppen und mehr allein im Fitnesszentrum. Früher wurde mehr gemeinsam gemacht. So entstand das Gefühl des Zusammengehörens.

Risse und Gegensätze durchziehen unsere Gesellschaft. Schienen im Westen Trennungen nach Rasse und Hautfarbe überwunden zu sein, entstehen neue Konfliktfelder. Vor allem entstehen Spannungen auf ideologischer Ebene. Einstellungen zu Fremden, zu Andersdenkenden, zur Rolle des Staates, zu Tradition und Fortschritt, zu Lebensstilen, zur sexuellen Orientierung sind Felder, in denen sich unsere Gesellschaft polarisiert, bis hin zu offener Feindschaft. Dieser Streit wird auffällig stark in den sozialen Medien ausgetragen. Es bilden sich Gruppen von Gleichgesinnten, die sich anstacheln, in ihrer Ablehnung des politischen Gegners. Da gibt es bspw. diejenigen, die sich massiv gegen „Fremde" wehren und auf der anderen Seite, Gruppen die bspw. Asylbewerber willkommen heißen.


Über Twitter, Facebook und Instagram lassen sich leicht Gleichgesinnte finden. Man „folgt" jemandem, man lädt jemand als „Freund" ein, man setzt „likes",…Gruppen, die dieselbe Orientierung haben, kommunizieren miteinander und teilen ihre Ablehnung des „Gegners". Oft wird polemisch, populistisch und einseitig argumentiert. Die Texte sind meist sehr kurz und plakativ. Bilder werden zunehmend eingesetzt. Dazu kommt, dass manche Diskussionen nur ein „dafür" oder „dagegen"  kennen, dass es nur z w e i Lager gibt, wie bspw. beim zwei Parteien System in den USA. Da wird es dann schwierig, Zwischenlösungen zu finden, das Für und Wider zu bedenken und Kompromisse zu finden. Diskussionen werden mit dem Gegner wenig ernsthaft geführt. Man spricht mehr über den andern, als mit dem andern.

Nicht zuletzt gehört es zu unserem evolutionären Erbe, dass wir in Gruppen denken. Wir lebten in Gruppen und sicherten so unser überleben. Das „Wir" bezog sich wesentlich auf die eigene Gruppe, zu der man dazugehörte. Andere Gruppen waren entweder potentielle Feinde, mindestens aber Konkurrenten.

Petrus, einer der ersten Apostel gab seine Vorstellung auf, dass alle Heiden, um Christ werden zu können, sich zuvor beschneiden lassen müssen. Das war ein ganz wesentlicher Schritt zur Ausbreitung des Christentums. Ohne diese Überwindung der ganz offensichtlichen Gegensätze im Urchristentum gäbe es das Christentum wahrscheinlich nicht mehr. Das Christentum wäre eine kleine jüdische Gruppe geblieben und der große Reichtum des Glaubens an Jesus als den Christus, die Offenbarung eines mitleidenden, Mensch gewordenen Gottes, wäre uns verborgen geblieben. Petrus, der sich auf einen Kompromiss eingelassen hat, gebührt wesentlicher Anteil daran. Einer der Gründe, die ihn bewegt haben, war seine Erfahrung mit Heiden. Mit ihnen zu essen und zu trinken ließen ihn offen werden, für deren direkten Zugang zur Gemeinschaft der Christen. Ohne Umweg und ohne all die Bedingungen erfüllen zu müssen, die bis dahin notwendig waren. Ein neuer Weg konnte beschritten werden und wie es sich im Rückblick sehen lässt, war dies absolut notwendig für die Ausbreitung des Christentums.

Wollen wir von Petrus lernen, kann das heißen, die vielen Voraussetzungen, die es erschweren, am Prozess der Verbesserung der Welt mitzuarbeiten, zurückzuschneiden und Wege der Zusammenarbeit mit allen zu öffnen.